CDs
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NEUES
AUS
DER
M U S I K W E L T
POP
Keimzeit & Das Deutsche
/1]
Filmorchester Babelsberg
ZUSAMMEN
Edel CD (auch als LP erhältlich)
(62’)
Beide kommen aus Brandenburg
und sind Kult im Osten. Jetzt haben
Norbert Leisegang & Co. mit dem
Deutschen Filmorchester Babelsberg
einen wundervollen Querschnitt
ihrer Karriere aufgenommen. In
famosen Arrangements mit über-
raschenden Wendungen spielen
die ostdeutschen Institutionen auf
Augenhöhe Keimzeit-Kennmelodien
wie „Maggie“ und „Kling Klang“ und
zwei brandneue Titel. Mit einem Kon-
densatormikro der Neumann-Reihe
M
7
, einer legendären Studiokonsole
von Rupert Neve (The Beatles) und
weiterem Equipment der Analog-Ära
wurde das sehr natürlich eingefan-
gen.
hake
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★
Dolly Parton
BLUE SMOKE
Dolly Records/Sony CD
Auch als LP erhältlich
(47‘)
Vor ein paar Monaten feierte Dolly
Parton ihren
68
. Geburtstag, doch
unaufhörlich brennt das Feuer einer
erfolgshungrigen Berufsanfängerin
in ihr. Energisch wie eh und je lässt
sie ihren Sopran auch diesmal in
den höchsten Tonlagen erstrahlen.
Thematisch wendet sich die Tochter
eines bettelarmen Tabakfarmers
hier Erinnerungen an ihre Kindheit
unter den Great Smoky Mountains
zu. In urigen Bluegrass-Nummern
frisch aus dem Heuhaufen, Hill-
billy-Rustikalität und dörfischen
Balladen scheinen die Jahre durch,
die sie und ihre Familie in einer
ramponierten Holzhütte verbrach-
ten. Handfestes vom Lande.
hake
MUSIK ★ ★
KLANG
★ ★ ★ ★
Rainbirds
YONDER
Vertigo/Universal CD
(51')
Neugierig, wie Katharina Franck
ihren
8
oer-Jahre-Hit „Blueprint“
heutzutage interpretieren würde?
Nun, musikalisch geprägt wird die-
se Wiedergeburt der Rainbirds - bei
der von der Originalbesetzung nur
die Sängerin übrig blieb - vor allem
vom Elektroniker Gunter Papperitz
und dem Cultured Pearls-Drummer
Bela Brackmann. Sie sorgen für za-
ckige Synthie-Beats, die nicht so
recht zur markanten Performance
Katharina Francks passen wollen.
Oder liegt es nur daran, dass man
mit ihrer Stimme eben immer sen-
siblen Handmade-Pop verbinden
wird? Immerhin: Musikalisch bleibt
die Sängerin weiterhin sympathisch
unvorhersehbar.
pb
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Nickel Creek
A DOTTED LINE
Nonesuch CD
„Progressive Bluegrass Music“ ist
eigentlich ein Oxymoron. Aber dies
furchtlose Trio hatte es schon in
Teenager-Jahren geschafft, zu ei-
ner solchen Musik zu finden. Dafür
wurde es mit Preisen überhäuft,
nur um sich dann für Solokarrieren
zu entscheiden. Neun Jahre nach
„Why Should The Fire Die?“ ist
dieses Comeback nicht so tradi-
tionalistisch orientiert wie Chris
Thieles Punch Brothers oder Sara
Watkins’ Soloplatten. Mandoline,
Fiedel, Gitarren und Kontrabass
verbreiten Fröhlichkeit, aber bei
der Coverversion von Sam Phillips’
wehmütigem „Where Is Love Now“
auch Folk-Melancholie.
F. Sch.
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Shakira
SHAKIRA
RCA/SonyCD
(42’)
Shakira hält Niveau. Vier Jahre nach
dem von Afro- und Latin-Grooves
geprägten „Sale El Sol“ meldet sich
die kolumbianische Starsän-
gerin mit einem Werk zurück,
das ihre stilistische Vielsei-
tigkeit mit einer State-of-the
Art-Produktion
verbindet.
Neben „Can’t Remember To
Forget You“, ihrem Duett mit
Rihanna, verarbeitet auch
„Cut Me Deep“ Reggae-Ele-
mente. „Dare“ wiederum ver-
bindet fiepende Dancebeats
mit einem Stadion-Refrain,
ist aber zum Glück nicht re-
präsentativ. Und während die
pathetische Ballade „Empire“
beinahe abhebt, holt das
akustische „
23
“ den Hörer
mit seinen Country-Anleihen
wieder auf den Boden zurück.
^ MUSIK ★ ★ ★
%
KLANG ★ ★ ★ ★ ★
Z
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Posiert gewohnt züchtig für
die Kamera: Shakira
Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
wz
Liz Green
HAUL AWAY!
PIAS CD (auch als LP erhältlich)
(39’)
Als die durch die Plattensammlung
ihres Vaters sozialisierte Liz Green
in den Songs des Debütalbums von
Musical-Melodien von Brecht/Weill
über uralten Blues von Son House
bis zu gruseligen Mörderballaden
(und in den Songs auf das Schick-
sal von Menschen, die Auschwitz
überlebt haben) auf quer zum Zeit-
geist stehende Musik zurückkam,
handelte es sich dabei weder um
kalkuliertes Recycling noch um
musikalische Sperrmüll-Ästhetik.
Als Sängerin ein Original wie
Billie Holiday oder Karen Dalton
und Laura Nyro (die heute ver-
mutlich keine Plattenfirma mehr
unter Vertrag nehmen würde),
schrieb sie für dieses zweite Al-
bum Songs wie „Where The River
Don’t Flow“. Der wurde nach ei-
gener Aussage „geboren aus der
Faszination für die Rituale und
das Geschäft des Todes“. Wozu
wiederum der trostlose, fast ge-
spenstische „kitchen sink realism“
des dazu produzierten Videos die
passend morbide Note liefert.
Mal sparsamst arrangiert wie
ein Folksong auf dem Debüt von
besagter Karen Dalton, dann wie-
der üppig von Tuba, Kontrabass,
Posaunen, Cello und anderen Ins-
trumenten begleitet, schwelgt kei-
ne Aufnahme in Nostalgie. Auch
wenn das finale „Bikya“ an Scott
Joplin-Rags erinnert und dem Be-
dürfnis nach großem Wohlklang
schon sehr weit entgegenkommt.
Als Fan des optimistischsten
Songs hier, des so gar nicht düs-
teren Liebesliedes „Into My Arms“,
bekannte sich angeblich ausgerech-
net der Kollege Nick Cave. Aufge-
nommen wurde auch dieses Album
wieder in den Toe Rag Studios, erste
Adresse für analoge Aufnahmetech-
nik in London mit einem gewissen
Kultstatus, seit es das dort produ-
zierte und weltweit populäre White
Stripes-Album „Elephant“ an die
Spitze der englischen Hitparade
schaffte.
Franz Schöler
MUSIK
KLANG
STEREO 6/2014 123